Lebensfreude, Lachyoga und Laughter Wellness mit Annelie

Donnerstag, 1. August 2013

"Gratisumarmungen"


"ABRAZOS GRATIS" - so stand es auf ihren schmuddeligen Din A4 - Zetteln zu lesen, die der eine oder andere von den ca. 15 Jugendlichen in der Hand hielt. Sie waren in den kleinen Gemeindesaal von Mindo eingelassen worden, mit Zustimmung der Ernährungsspezialistin, die soeben einen Vortrag über gesunde Ernährung für die Elterngruppe von behinderten Kindern in Mindo hielt.

"ABRAZOS GRATIS" - so wurde uns erklärt, würden diese Jugendlichen jetzt gleich verteilen, hahaha. Gut gemeint, aber es war eher wie ein Überfall, als sie sich auf die Personen im Raum losstürzten. Ich konnte ein Lächeln nicht verkneifen und drückte alle diese Menschen auch an mich. Dabei musste ich daran denken, dass vielleicht nicht alle Menschen so gern von Fremden umarmt werden.

Aber nach den Umarmungen ging es noch weiter: jetzt wurden wir - ob wir wollten oder nicht, haha - gesegnet. Einer der Jungen stand vorne mit erhobener Hand und betete auf spanisch, die anderen waren strategisch verteilt in der "Gemeinde". Aber hatte sich hier überhaupt eine "Gemeinde" zum Gebet zusammengefunden? Waren die verblüfften Eltern nicht eher hier um Ernährungsratschläge und danach eine Session in Lachyoga zu erhalten?

Eine Hand eines betenden Jugendlichen fand ihren Weg auf meine Schulter und ich liess es zu, ist segnen doch für mich eine alltägliche Angelegenheit und dadurch in Ordnung. Was aber, wenn die segnende Hand auf jemanden gelegt wird, der das nicht leiden kann? Ich stelle mir vor, wie sich diesem Menschen die Nackenhaare aufstellen.

Die "Free Hugs Campaign" war 2004 von Juan Mann aus Sydney ins Leben gerufen worden. 
Eine tolle Idee, wie ich finde. Ohne äusseren Anlass Liebe durch Umarmungen zu verschenken, ist wundervoll. "Gratis Umarmungen" anzubieten und zu warten, was passiert, ist nachahmenswert. Ich kann mich an viele Situationen in meinem Leben erinnern, wo mir solch eine Umarmung gut getan hätte. Es ist wohl für beide gut: für den, der die Umarmungen verteilt und den, der sie empfängt. Wenn beide es wollen...

Wunderbar!! Wo aber ist der Unterschied zu meinem erlebten "Umarmungs - und Segnungs - Überfall" ?

Es ist die Aufdringlichkeit, mit der die Umarmungen verteilt werden. Wie oft sind Menschen aufdringlich, weil sie meinen, etwas Gutes zu verbreiten und alle Menschen um sie herum müssten es annehmen? Die Mission der katholischen Kirche ist sicher ein gutes Beispiel, aber ich erlebe es auch heute immer wieder, wenn jemand glaubt, das Ei des Kolumbus gefunden zu haben und alle Menschen in diese Richtung "verändern" zu müssen.

Auch wir Lachlehrer sind vor dieser Gefahr nicht verschont. Klar, wir haben am eigenen Leib erfahren, wie Lachen unser Gefühlsleben verändert und wünschen es auch anderen Menschen, allen voran unseren Liebsten zu Hause. Die Versuchung "zu missionieren" ist gross.

Bitte tut es nicht! Ihr müsst niemanden überzeugen, wer will soll sich selbst überzeugen! Wir können nur ANBIETEN, Lachsessionen abzuhalten oder Vorträge zu geben. Ob das Angebot angenommen wird, ob es auf fruchtbaren Boden fällt, ob meine Schüler sich drauf einlassen können ..... das alles liegt nicht mehr in meiner Verantwortung.

Der Slogan "Weltfrieden durch Lachen" ist wunderschön und ja, Lachen verbindet und macht dadurch den Weltfrieden möglich, wenn ein Grossteil der Bevölkerung mitmacht. Da ist es schon verführerisch, Mitmenschen animieren oder überreden zu wollen. Die gute Botschaft: wir müssen das nicht tun, es geht alles seinen guten Weg, auch ohne unser Zutun.

Meiner Meinung nach ist das Beste, das Lehrer jeglicher Art tun können, an sich selbst zu arbeiten. Damit meine ich nicht wirkliche "Arbeit" sondern einfach zu leben, was man predigt. Erfahrungen sammeln, bewusster zu werden. Dabei wird vieles klar und es eröffnen sich neue Wege. Wir müssen niemanden "bekehren" - auch nicht um des Weltfriedens Willen.

Hier das Video von Juan Mann: http://www.youtube.com/watch?v=bPPKSWSPP1E

Viel Spass!

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